Der Gedanke der Affirmation Nietzsche und Deleuze
von Jörg Seidel
Im Sein gibt es Unterschiede, aber nichts Negatives.
Gilles Deleuze
Die gesamte Frage der Affirmation zielt ab auf
das Philosophieren Nietzsches [1]. Die alles
entscheidende Frage lautet nicht, ob ein Ereignis stattfindet,
noch nicht einmal, wie es stattfindet, sondern einzig und allein,
wie man es stattfinden lässt, wie man damit umgeht, was man daraus
für sich macht, genauer, ob man daraus für sich
etwas macht. Es waren die Kyniker und die Stoiker, die als erste den
Versuch unternahmen, "sich dessen würdig zu erweisen, was
uns zustößt" [2], dem Ereignis
positiv, affirmativ entgegenzutreten, statt an ihm zu verzweifeln. Dies
heißt nun nicht, und Deleuze baut etwaigen Unterstellungen gleich
vor, daß der Krieg etwa zu akzeptieren sei, daß man sich
fügen müsse, sondern impliziert vielmehr den Krieg gegen den
Krieg, allerdings in einem gänzlich unkriegerischen Gestus. Statt
der kriegerischen Verneinung eine kriegerische Verneinung entgegenzusetzen,
gälte es vielmehr, diese selbst zu verneinen, indem auf die reaktive
Kraft zugunsten der aktiven Kraft verzichtet wird. Nicht nur, daß
damit das Ereignis bejaht wird und damit seinen Sinn erlangt, der je
Bejahende wird vielmehr selbst zum Ereignis und er ist in die Lage versetzt,
das Höchste zu erreichen: "zum Schauspieler seiner eigenen
Ereignisse werden, Gegen-Verwirklichung" [3].
Wir befinden uns hier tief im nietzscheschen Hinterland, das es zuvor
aufzuklären gilt. Die Ausgangsfrage lautet folglich: "Was
heißt, das Ereignis zu wollen?" [4].
In der stoizistischen Nachfolge belebte Nietzsche die Idee des amor
fati, aber ihm ist ein neuer Widerpart erwachsen, der zwar im Platonismus,
dem philosophischen Gegner der Stoa, wurzelt, jedoch eine eigenständige
Stufe bildet. Um dies deutlich zu machen, bediente sich Nietzsche eines
alten Bildes, des der ewigen Wiederkehr des Gleichen. Anhand der Differenz
machte er sein eigenes deutlich. Seit je beschäftigt und beunruhigt
die Idee der ewigen Wiederkehr des Gleichen, "Nietzsches subversivster
Gedanke" (Sloterdijk), die Philosophie und in ungezählten
Anläufen versuchte sie ihm habhaft zu werden. Der Rekurs auf die
Antike kann dabei nicht genügen. Mit der einfachen, lapidaren,
eher hingeworfenen Frage, weshalb Nietzsche, der intime Kenner der Griechen,
davon überzeugt war, "daß die ewige Wiederkunft seine
Erfindung ist" [5], wischte Deleuze eine ganze Reihe von Interpretationen
vom Tisch, etwa die Karl Löwiths, und bietet eine eigene an: "Weil
'seine' ewige Wiederkunft in keiner Weise die Wiederkehr eines Selben,
Ähnlichen oder Gleichen ist. Nietzsche sagt zutreffend: Wenn es
Identität gäbe, wenn es für die Welt einen undifferenzierten
qualitativen Zustand oder für die Sterne eine Gleichgewichtsstellung
gäbe, so wäre dies ein Grund, darin zu verharren, und nicht
ein Grund, in einen Zyklus einzutreten" [6]. Nicht das Selbe kehrt
wieder, sondern die Wiederkehr ist das Selbe, die Wiederkehr selbst
ist das Identische. Mit einer wesentlichen Einschränkung, denn
das Identische kehrt nicht als Ganzes wieder, weil es in der Wiederkehr
einen Selektionsprozess durchläuft, und nur das Extreme, das Differente,
das Affirmative wiederkehren lässt. "Alles Negative und Verneinende,
all jene mittleren Bejahungen, die das Negative tragen, all jene fahlen
und missgeratenen Jas, die aus dem Nein hervorgehen, all das, was
der Prüfung der ewigen Wiederkunft nicht standhält, muss
verneint werden" [7]. In dieser Allumfasstheit ist die ewige Wiederkehr
des Gleichen nichts anderes als das Sein und dies als Werden, oder,
im Vokabular der "Logik": es ist das Ereignis, das wiederkehrt,
aber nur als bejahtes und Ja-sagendes Ereignis. "Unter diesen Aspekten",
schreibt denn auch Deleuze, "ist die ewige Wiederkunft die Univozität
des Seins, die tatsächliche Verwirklichung dieser Univozität.
In der ewigen Wiederkunft ist das univoke Sein nicht nur gedacht und
sogar bejaht, es ist vielmehr tatsächlich verwirklicht" [8].
Es darf dabei nicht aus dem Blick geraten, daß die Univozität
des Seins trotzdem ein Werden ist, daß in der Bejahung des univoken
Seins folglich nicht das Eine und auch nicht Alles bejaht wird, wohl
aber sind das Viele und das Werden selbst Gegenstand der Bejahung [9].
Das Eine nicht minder als das Andere (als ein Anderes) ist der
"Geist, der stets verneint" und das Alles, der Geist, der
nicht "Nein" sagen kann. Beide werden von Nietzsche verneint,
indem er ihnen eine prinzipielle Bejahung entgegenstellt: den Zufall
und Zarathustra.
Dem Zufall affirmativ zu begegnen heißt seine Notwendigkeit
zu bejahen, diese wiederum äußert sich im Vielen, im Differenten,
so daß der Zufall nicht nur selbst notwendig ist, er ist auch
notwendig vielfältig und wird damit zum Terrain des Spielers: "Den
Zufall bejahen können, heißt spielen können" [10].
Die Inkarnation des Spielers, seine Immanenz, ist eben der Schauspieler,
der nicht Schau spielt, der Schauspieler seiner eigenen Ereignisse,
der sie bejaht und wiederkehren lässt, deren Wiederkehr ist. Voraussetzung
dafür ist die Affirmation, denn so tragisch dies auch klingen mag,
so darf doch nicht der Irrtum entstehen, daß es sich um ein nihilistisches
Phänomen handeln könnte, um eine Verneinung seines Seins,
aber ebenso wenig darf sie ins Gegenteil, die Clownerie entgleiten,
die zwar in der Regel Affirmation mimt, aber - man denke an die sprichwörtliche
Träne im Auge des Clowns - stets doch nihilistisch unterminiert
ist. "Amor fati - das Ereignis zu wollen - bedeutete niemals, in
Resignation zu versinken, noch weniger, den Hanswurst oder den Histrione
zu spielen" [11]. Man muss vielmehr selbst den Zufall als Notwendigkeit
begreifen und lernen, das Notwendige zu bejahen.
Zarathustra zeigt, wie das vonstatten geht, und Zarathustras
Esel, wie es nicht funktioniert. Dessen I-A, dessen JA ist ein unfreiwilliges,
ein ungewolltes, denn der Esel ist überhaupt nicht in der Lage,
jemals etwas anders als I-A zu sagen und das vollkommen unabhängig
vom Gegenstand. Amor fati und Fatalismus sind deutlich voneinander zu
trennen. So wundert es nicht, daß das Schicksal des Esels im Tragen,
im Er-tragen liegt; er trägt alle Bürde der Welt und sagt
sein I-A dazu. Daher ist das Ja des Esels falsch [12],
es ist "ein Ja, das nicht Nein zu sagen weiß" [13],
ein undifferenziertes Ja auch zum Nein. Affirmation heißt aber
auch, Nein zum Nein sagen zu können. Oder anders gesagt, das Ja,
wenn es affirmativ sein soll, muss ein vorgängiges sein, d.h.,
daß die Last bejaht werden kann, aber sie muss von vornherein
bejaht werden und nicht, nachdem sie, vom jeweiligen Willen unabhängig
und unbeeinflussbar, schon aufgebürdet wurde. Dann nämlich
handelt es sich nicht um eine Bejahung, nur um eine Bestätigung.
Zwar mag der Esel bei Nietzsche Christus bezeichnen [14],
bzw. das, was durch die Paulinische Reform von diesem in jedem Christen
übrig blieb, das eigentliche Sinnbild aber stellt die mythologische
Figur des Sisyphos dar und kehrt als Absurdes, als absolut Verneinendes
und damit als falsch Bejahendes bis heute immer wieder. Das Bild des
Sisyphos signifiziert damit nicht nur die falsche Bejahung, sondern
auch die falsche ewige Wiederkehr des Gleichen. Für Nietzsche dagegen,
und darauf beharrt Deleuze immer wieder, waren die Bejahung und das
Tragen, Ertragen, Belasten stets inkommensurable Größen,
Denken und "ernst nehmen", "schwer nehmen" waren
für ihn nie miteinander vereinbar [15].
Statt dessen ist von einer "Konversion des Schweren in Leichtes,
des Niedrigen in Hohes, des Leides in Lust" die Rede [16],
davon, daß Bejahen gerade nicht tragen, sondern ganz im Gegenteil
entlasten, erleichtern heißt. Die "ontologische Bejahung",
von der Deleuze einmal sprach [17], beinhaltete
konsequenterweise eine Bejahung des Lebens in seiner Vielfalt und die
Bejahung des Vielen in seiner Lebendigkeit, eines "Zuviel an Leben".
So paradox es anfangs klingen mag, aber der Philosoph, der mit dem Hammer
philosophiert, der Umwerter aller Werte, plädiert - wohl nur mit
Diogenes, dem Ummünzer, zusammen - für etwas, das wie eine
Ethik ausschaut, mithin - unausgesprochen - die Logik des Sinns auf
den Höhepunkt treibt: "Eine Logik der Bejahung des Vielen,
folglich eine Logik der reinen Bejahung, sowie eine Ethik der Freude"
[18]. Sie äußert sich, entsprechend der dreifachen Konversion
als Tanz, Spiel und Lachen. Allerdings, Nietzsche wies darauf hin, handelt
es sich dabei nicht um etwas, was uns, die Menschen, den Menschen primär
beträfe, vielmehr ist an den Übermenschen gedacht. Dies ist
eine ganz zentrale Aussage: "Dies Element der Bejahung macht das
des Übermenschlichen aus - das Element gerade auch, welches dem
Menschen, eben und besonders dem höheren Menschen, abgeht. Nietzsche
bringt diesen Mangel als eine dem Mensch angeborene Insuffizienz vierfach
symbolisch zum Ausdruck: 1. Es gibt Dinge, die zu tun der höhere
Mensch außerstande ist: lachen, spielen und tanzen. Lachen heißt,
das Leben und, in diesem selbst, das Leiden zu bejahen. Spielen heißt,
den Zufall und, in ihm, die Notwendigkeit zu bejahen. Tanzen heißt,
das Werden und, in ihm, das Sein zu bejahen..." [19].
Also Friede, Freude, Eierkuchen? Keineswegs! Wir haben
es hier nicht mit einem Transzendentaleuphemismus zu tun, sondern einem
sowohl historisch, lebensweltlich als auch ontologisch verankerbarem
Phänomen, das die Tragik des Daseins keineswegs negiert. Ganz im
Gegenteil wird diese affirmiert, weshalb Nietzsches Überlegungen
nicht nur für den Übermenschen von Interesse sind, vielmehr
für den Menschen, der ein Übermensch-Werden anstrebt, denn
schon im Menschen macht die Bejahung das Übermenschliche aus, als
Bejahender wird der Mensch zum Übermensch. Die eigentliche Schwierigkeit
besteht daher nicht im Bejahen des reinen, klaren Ja, denn viel schwieriger
ist es, das Nein zu bejahen oder besser: im Nein das Ja zu bejahen,
im Leid die Lust (nicht aber das Leid als Lust), das Nein ins Ja, das
Ja aber als Ja konvertieren zu lassen. "Nietzsche zufolge ward
nie begriffen, was das Tragische ist, nämlich: tragisch = froh,
fröhlich. Dies eine andere Form, die große Gleichung zu setzen:
wollen = erschaffen. Man hat nicht verstanden, daß das Tragische
reine mannigfache Positivität, dynamische Heiterkeit ist. Tragisch
ist das Jasagen: denn es bejaht den Zufall und im Zufall die Notwendigkeit;
denn es bejaht das Werden und im Werden das Sein; denn es bejaht das
Viele und im Vielen das Eine" [20]. Untrügliches Zeichen dafür,
womit man es zu tun hat, ist die Kreativität, das Schaffen. Das
bejahende Werden ist stets ein Aktiv-Werden, das Reaktiv-Werden dagegen
ist verneinend, kurz: der Schöpfer ist im Werden. Es war bereits
sichtbar, daß der Schöpfer, sowohl der Philosoph als auch
der Künstler, soweit er affirmativ ist, keine aufgebürdete
Last bejaht, das Denken und Sein nicht ernst, nicht schwer nimmt, das
Ja bejaht, das Nein als Nein negiert und das Ja im Nein affirmiert.
Um die Problematik gänzlich abzurunden - Deleuze
beharrt, entgegen weitverbreiteter Meinung darauf, daß es im Denken
Nietzsches keine Widersprüche gäbe [21] - soll abschließend
der geistesgeschichtliche Horizont beleuchtet werden, die Konstellationen
und Bezüge, die Nietzsche mit einbezieht. Offensichtlich zielt
Nietzsches ambitioniertes Denken. Es wäre nicht nachvollziehbar,
wenn es nichts gäbe, wogegen es sich wendet, es wäre andererseits
nicht relevant, wenn es ein Denken gegen etwas bliebe. Wenn die
ewige Wiederkunft als eine Bewegung der Bejahung kenntlich wurde, so
liegt es nahe, eine negierende Bewegungsform als Gegenüber zu vermuten.
Dies ist die Entwicklung (als Hinblick) oder die Geschichte (als Rückblick),
die sich selbst mit Hilfe der Negation bejaht, mehr noch benötigt
sie die doppelte Negation, um ein Positives hervorbringen zu können.
Was bislang stets inhärent deutlich war, wird nun unübersehbar:
Nietzsches Opponent ist das dialektische Denken als epistemologisches,
ontologisches und historisches Prinzip in seinem dreifachen Apriorismus:
als Kampf und Einheit der Gegensätze, als qualitatives Umschlagen
aufgrund quantitativer Kumulation und als Prinzip der Negation der Negation.
Letztere kann insofern ein Primat beanspruchen, da alle Formen auf Negationsbewegungen
basieren, und es ist, wie bereits deutlich wurde, folgerichtig die Negation
als Prinzip, die Nietzsches Veto motiviert. Nietzsches Ja zum Ja beinhaltet
zugleich auch das Nein zum Nein, die Verneinung der Verneinung, und,
wenn man so will, die Negation der Negation der Negation. Das kann natürlich
nicht unkommentiert stehen gelassen werden, denn man würde Nietzsche
fundamental mißverstehen, zumindest wenn man sich der Lesart Deleuze'
anschließt, wollte man ihn als eine Art Metadialektiker begreifen,
wiewohl es in der Tat Versuche gab, ihn dialektisch zu lesen, und da
die Dialektik im hegelschen-marxschen-leninschen-maoschen Sinne (als
Klimax) eine deutliche Immunisierungstendenz besitzt, ist dies auch
nicht unmöglich, vermutlich aber falsch. Dass Nietzsches Negierung
im Sinne von Deleuze als Affirmation gelesen werden muss, darauf hat
schon Descombes aufmerksam gemacht [22]. Es kann sich demnach nicht um einen
Gegensatz handeln, die Negation (der Negation der Negation) muss selbst
dem dialektischen Denken entfliehen, in dem die Negation stets nur Gegenteil
heißen kann. Das Andere an dieser Negation, die Differenz zu dieser,
ist die Differenz selbst. Das heißt: Nietzsche negiert die Negation
affirmativ, da er sie nicht als Gegensatz begreift, im Gegensatz negiert,
sondern als Differenz und in der Differenz bejaht. So rekapituliert
Deleuze: "Die Geschichte verläuft nicht über die Negation
und die Negation der Negation, sondern über die Entscheidung der
Probleme und die Bejahung der Differenzen" [23]. Beim Zusammentreffen
von Differenz und Dialektik handelt es sich nicht um einen paritätischen,
spiegelbildlichen, reziproken Gegensatz, sondern um eine Differenz,
zumindest aus der Sicht der Differenz, denn: "Die Verneinung steht
im Gegensatz zur Bejahung, wohingegen die Bejahung von der Verneinung
abweicht, differiert" [24]. Wäre die Bejahung als Gegensatz
zur Verneinung gedacht und nicht als Differenz, dann wäre sie nichts
anderes als die Negation, bzw. wäre diese in ihr. Um diesen eminent
wichtigen Sachverhalt noch einmal zu wiederholen: wenn Deleuze "die
differentielle Bejahung gegen die dialektische Verneinung" [25] ins
Feld führt, dann bedeutet das "gegen" nicht Gegensatz
oder Widerspruch, es bedeutet einzig und allein Differenz. Differenz
"einzig und allein" wiederum bedeutet nicht, daß die
Differenz als Singular zu denken wäre, denn das Differentielle
ist immer das Viele. Bedenkt man, daß der Gegensatz nie das Viele
sein kann - selbst dann nicht, wenn er als viele Gegensätze auftritt
-, weil sich im Gegensatz nämlich immer nur das Eine setzt - auf
zwei Seiten -, dann sollte deutlich werden, weshalb die Differenz als
Differenz zum Gegensatz das Viele bedeutet, das Viele bejaht und zwar
so weit, daß die Differenz die Bejahung ist. "Die Differenz
ist ihrem Wesen nach Gegenstand von Bejahung, Bejahung selbst. In ihrem
Wesen ist die Bejahung selbst Differenz" [26].
Damit endlich sind wir am Ziel angelangt und hier spätestens
wird auch deutlich, in welchem Zusammenhang Affirmation und Differenz,
Nietzsche und Deleuze stehen, den wir zusammenfassend noch einmal ausführlich
zu Wort kommen lassen wollen. "Darin, daß das Viele, das
Werden, der Zufall Objekte reiner Bejahung sein mögen, ist der
Sinn" - und Sinn ist hier durchaus auch um die in der deutschen
Sprache häufig anzutreffenden Äquivokationen von Sinn und
Ziel, Sinn und Bedeutung zu erweitern [27] - "der Philosophie Nietzsches
formuliert. In der Bejahung des Vielen steckt die spekulative, in der
Freude am Unterschiedenen die praktische Behauptung" [28]. Damit hat
Nietzsche, wie der Denker der Differenz schon zu Beginn feststellte,
"das spekulative Element der Negation, des Gegensatzes oder des
Widerspruchs ersetzt durch das praktische Element der Differenz:
dem Objekt von Bejahung und Genuss" [29]. Er spricht, mit Nietzsche,
vom Genuss der Differenz: "Das ist das aggressive und beschwingte
neue konzeptuelle Element, das der Empirismus [30] an die Stelle der schwerfälligen
Begriffe der Dialektik, und vornehmlich der Arbeit des Negativen,
wie es die Dialektiker zu sagen belieben, setzt. Dass die Dialektik
Arbeit und der Empirismus Genuss ist, charakterisiert beide ausreichend"
[31]. Und um noch einmal alle Oppositionen aufzuzeigen: "Das 'Ja' Nietzsches
opponiert dem 'Nein' der Dialektik; die Bejahung der dialektischen Verneinung;
die Differenz dem dialektischen Widerspruch; die Freude, der Genuss
der dialektischen Arbeit; die Leichtigkeit, der Tanz der dialektischen
Schwere; die schöne Unverantwortlichkeit (sic!) den dialektischen
Verantwortlichkeiten" [32].
Ich denke, man sollte darauf verzichten, die Begriffe
"Genuss", "Freude", "Vergnügen",
"schöne Unverantwortlichkeit", die hier als Argumente
wie Kanonen einer siegesgewissen Armada aufgefahren werden, zu zerreden.
Es muss genügen, ihre Zielrichtung namhaft zu machen, und die weist
auf eine Philosophie, die mit der Tradition zwar nicht zwangsläufig
bricht - es sei denn mit den traditionellen Interpretationen der Tradition
-, die jedoch traditionell im westlichen Denken kaum verankert zu sein
scheint, mithin also auf eine neue Philosophie oder besser, auf eine
neue Art - auch im Sinn von Kunst - des Philosophierens. In der Affirmation
des Vielen und des Werdens, sprich in der Bejahung des Differenten,
der Differenz, "findet sich das Vergnügen am Verschiedenen.
Das Vergnügen als einziger Anlass der Philosophie tritt in Erscheinung"
[33]. Nicht, daß alles, was Vergnügen macht, zur Philosophie
führt, ist daraus zu schließen, wohl aber, daß das
Vergnügen konstitutive Bedingung für dieses Philosophieren
ist und daß dieses Philosophieren Vergnügen bereitet. Dies
kann es nur, weil es ein differentes Vergnügen und Philosophieren,
ein Vergnügen und Philosophieren (Vergnügen = Philosophieren)
an und mit der Differenz ist...
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13.12.2022
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