Die Theorie der Abduktion bei Charles Sanders Peirce und Umberto Eco
von Jörg Seidel
"Es gab keine Intrige", sagte William, "und
ich habe sie aus Versehen aufgedeckt."
Der Name der Rose
"Alles was ich Ihnen gesagt habe, bis zu diesem Moment
inklusive, ist falsch."
Das Foucaultsche Pendel
"Haltet die Augen offen und deckt Geheimnisse auf,
über die Ihr nichts wißt."
"Das ist es, was ich immer getan habe, Eminenz. Oder jedenfalls
glaube ich das, denn ich habe vergessen, daß ich's getan habe."
Die Insel des vorigen Tages
Inhalt:
- Charles Sanders Peirce
- Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie
- Logik und Psychologik: die Abduktion
- Umberto Eco
- Das theoretische Werk
- Das literarische Werk
Der offensichtliche Drang des Menschen zur Kategorisierung,
die häufig Quelle des Miß- und Unverständnisses ist,
machte auch vor dem Denken von Charles Sanders PEIRCE nicht halt, indem
es dieses unter den Begriff des Pragmatismus bzw. (in späterer
Absetzung von DEWEY, JAMES, SCHILLER u.a.) des Pragmatizismus
einordnete, dabei allerdings PEIRCE eigener Empfehlung folgend.
ECO macht aus seiner Beeinflussung durch PEIRCE keinen Hehl, bemerkte
1986 gar, "das PEIRCE Denken (für ihn) immer wichtiger
geworden ist (ECO: Semiotik Theorie, S.12) [1], vermeidet den Pragmatismusbegriff
aber weitgehend. Nicht zufällig verweist dies auf die selektive
Lesart des Semiotikers, der vor allem an logischen und semiotischen
Problemen interessiert ist. Bei einer so umfassend kohärenten Theorie
wie der von PEIRCE, scheint die Abnabelung einiger Theoriebestandteile
jedoch schwierig zu sein, und so impliziert das Sprechen über Abduktion,
Semiotik oder Fallibilismus immer schon den ganzen Pragmatismus. Von
daher kann auf eine kurze Erläuterung der Grundideen nicht verzichtet
werden, zumal PEIRCE mitunter deutlich auf den Diskurs der Postmoderne
verweist, in den ECO unauslösbar verstrickt ist.
1. CHARLES SANDERS PEIRCE
Nicht zu unterschätzen sind PEIRCE Beteuerungen,
mit dem Pragmatismus keine systematische Philosophie, kein philosophisches
System geschaffen zu haben, sondern lediglich eine Methode des Denkens
(vgl. z.B. Peirce 8.206), die keine statischen oder infalliblen Momente
akzeptiert. Leider waren die Differenzierungsversuche nicht immer ausreichend,
wie etwa HORKHEIMERs eigenartige Abrechnung mit dem Pragmatismus zeigt,
der über den von ihm angenommenen marxistischen Rahmen schießt,
wenn er zum einen von einem einheitlichen Pragmatismus spricht, zum
anderen diesen als Widerspiegelung einer Gesellschaftsformation vulgarisiert.
An dieser Stelle interessiert nur, und dies lediglich exemplarisch,
der erste Gesichtspunkt. "Der Kern dieser Philosophie (sic!) ist
die Meinung, daß eine Idee, ein Begriff oder eine Theorie nichts
als ein Schema oder ein Plan zum Handeln ist, und deshalb ist Wahrheit
nichts als der Erfolg der Idee" (HORKHEIMER, S. 49). HORKHEIMER
wirft dem Pragmatismus, als amorphe Masse, vor, daß er die Wahrheit
liquidiere, "indem er sie mit den praktischen Handlungen der Verifikation
gleichsetze". Die partielle Ehrenrettung PEIRCE, dem der
Kritiker der instrumentellen Vernunft wenigstens seinen Kantianismus
anerkennt, kann nicht das prinzipielle Mißverständnis verschleiern
(das HORKHEIMER wie gesagt nur repräsentiert), wenngleich das Format
eines solchen Denkers natürlich auch dafür garantiert, immer
ein Fünkchen Wahrheit mitzuliefern. So verweist er etwa zurecht
auf die enge Verbindung von Denken und Handeln, die offenzulegen das
erklärte Ziel von PEIRCE war. Immer wieder suchte er im Spätwerk
die Distanz zum Praktikalismus und Aktionalismus
von JAMES [2], DEWEY u.a., denn er weiß, "daß es den Tod
des Pragmatismus bedeuten würde, wenn er wirklich das Handeln zum
ein und alles des Lebens machen würde" (5.429). Seine bedeutende
Schrift "How to makes our ideas clear", die wesentlich diese
Beziehung abhandelt, gipfelt in der als "Pragmatische Maxime"
bezeichneten Aussage: "Überlege, welche Wirkungen, die denkbarerweise
praktische Relevanz haben könnten, wir dem Gegenstand unseres Begriffs
in unserer Vorstellung zuschreiben. Dann ist unser Begriff dieser Wirkungen
das ganze unseres Begriffes des Gegenstandes." (5.402), die PEIRCE
als "Anwendung des einzigen Prinzipes der Logik, das durch Jesus
empfohlen wurde: 'an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen' "
(ebd., Anm. 19) begreift. Ob diese biblische Legitimation tatsächlich
notwendig war, bleibt zweitrangig, macht man sich erst die wirkliche
Bedeutung klar, die auf jeden Fall ausschließt, "daß
das Verhalten von Menschen über die Bedeutung eines Begriffs entscheidet"
(HORKHEIMER; S.53), wie HORKHEIMER dem Pragmatismus funktionalistisch
unterstellte. PEIRCE geht es offensichtlich um die Bedeutung der Begriffe,
deren Klärung denknotwendig ist. Diese Klärung wiederum bedarf
der Erhellung der tatsächlichen, wie auch der nur möglichen
Wirkungen, und damit wird deutlich, daß HORKHEIMER, zumindest
in Hinblick auf den Vater des Pragmatismus, das Pferd von hinten besteigt,
den Sachverhalt also verdreht bzw. normativ interpretiert, was deskriptiv-rückschließend
gemeint war. Die Gültigkeit von Begriffen erschließt sich
aus den tatsächlichen und möglichen praktischen Konsequenzen
und entgeht damit einer sinnlosen Abstraktheit. Gleichzeitig eröffnet
PEIRCE damit den Weg, der die Verantwortlichkeit des Denkens im antizipativen
Akt fordert und mithin in den strukturalistisch-dekonstruktiven Diskurs
verweist. Die ursächliche Aussage der Pragmatischen Maxime macht
deutlich, daß es sich hier zuerst um einen Ansatz handelt, der
Bedeutung zu erklären sucht, und er kann das nur, wenn er sich
auf die letzten Bedeutungseinheiten konzentriert, die Zeichen, sowie
auf deren Konsequenzen in der Praxis, die sich zwangsläufig und
objektiv aus der Dreieckskonstellation der Semiose ergeben, was letztlich
auf eine Semiotik hinausläuft. Die Radikalisierung des pragmatischen
Denkens und gleichzeitig seine Ausweitung auf den transkategorialen
Bereich kann etwa bei DELEUZE deutlich gemacht werden, wobei es eben
auf die Vaterschaft ankommt: "Aber vor allem war meine Art, mich
dieser Epoche zu entziehen, glaube ich, die Geschichte der Philosophie
als eine Art Arschfick zu verstehen, oder was auf dasselbe hinausläuft:
unbefleckte Empfängnis. Ich stellte mir vor, hinter den Rücken
eines Autors zu gelangen und ihm ein Kind zu machen, das sein eigenes
und trotzdem monströs wäre. Es ist sehr wichtig, daß
es sein eigenes ist, weil es nötig ist, daß der Autor wirklich
all das sagt, was ich ihn sagen lasse. Aber es war auch wichtig, daß
das Kind monströs ist, weil er alle Arten von Dezentrierung - Gleitbewegungen,
Brüche, geheime Absonderungen - durchlaufen mußte, die mir
beliebten" (DELEUZE: Kant, Einband) [3]. Nicht zuletzt resultiert
aus dieser Vaterschaft die Aktualität des PEIRCEschen Denkens,
impliziert die Notwendigkeit der Aufarbeitung eines weithin vergessenen
Philosophierens.
Dies markiert den Fixpunkt, in dem PEIRCE, ECO und der
postmoderne strukturalistische Strang zusammenfinden: das Verborgene
im Text/Zeichen freizulegen, seine letzten Konsequenzen - in einem Akt
der Verborgenheit, die Anwesenheit des Abwesenden, schon dagewesenen
Signifikats - aufzudecken.
Der Pragmatismus ist epistemologisch [4] als Methode zu verstehen,
die eine Antwort auf die Frage nach der Wahrheit oder Gewißheit
sucht. Von Theorien, die einen erkenntnistheoretischen Ruhepunkt gefunden
zu haben glaubten, distanzierte sich PEIRCE und machte dies frühzeitig
in seiner Kritik an DESCARTES (5.264ff.) deutlich, welcher im cogito
die letzte unbezweifelbare Entität ausmachte und die jahrhundertlange
Suche, die mit PLATONs Apriorismus der Ideen theoriefähig wurde,
zu bis dahin ungekannter Radikalität - erst HUSSERL war nochmals
in der Lage, die Optik zu verschärfen - führte. PEIRCE bezweifelte
also jenen universalen Zweifel des Franzosen in Hinblick auf die nicht
zu rechtfertigende Universalität, die ein einzelner niemals beanspruchen
könne (5.265) und die in diesen Extremen ohnehin unvermittelbar
bleiben muß, zumal es die Grenzen der Subjektivität sprenge,
letztendliche Wahrheiten für alle anderen postulieren zu
wollen. Dem hält der Amerikaner die Prozessualität des Erkennens
entgegen (z.B. 5.263/ 5.267), dessen Entwicklung durch kumulativen Charakter
geprägt ist, welcher sich wiederum aus der Unmöglichkeit eines
intuitiven Selbstbewußtseins ergibt (5.224, 5.237, 5.249). Dies
angenommen, setzt Erkenntnisvermittlung voraus und schließt damit
nicht nur die Bewußtwerdung, sondern auch den cartesischen wie
jeden anderen Nullpunkt der Erkenntnis an sich aus. Da die vermittelte
Erkenntnis durchaus eine falsche sein kann, muß auch die daraus
resultierende und erweiterte Fragestellung selbst hinterfragbar bleiben,
ein Punkt, den der cartesische Absolutismus, indem er die Frage nach
der letzten Unbezweifelbarkeit selbst nicht bezweifelt, außer
Acht läßt. Hier wurzeln historisch und entwicklungslogisch
PEIRCE wesentliche Ansätze, die in der Wissenschaftstheorie
(in potentieller Antizipation der KUHNschen Paradigmentheorie - z.B.
die Rolle der scientific community, vgl. 5.265), Semiotik (z.B. 5.253,5.287)
und Logik (erstmals 5.272ff.) sich niederschlagen.
a) Erkenntnis- und Wissenschaftstheorie
Es gibt keine Wahrheit an sich, insofern als das Prädikat
"wahr/falsch" stets nur ein Urteil über einen Sachverhalt
darstellt [5], diesen selbst aber nicht
beschreiben kann. Die Intentionalität der Wahrheit wiederum setzt
einen sozialen Vergleich der Aussagen und somit eine soziale Situation
der Aussagenden voraus. Eremitische Wahrheit ist letztlich unmöglich,
weil ihr die Bestätigung des anderen fehlt, ebenso wie sie geneaologisch
vom Vorherigen erst ermöglicht wurde. Klar setzt sich hier die
PEIRCEsche Annahme eines kumulativen vom absoluten Charakter der Wahrheit
ab, die demzufolge nur idealiter und approximativ zu erreichen ist.
Gleichzeitig setzt das Konstrukt Wahrheit einen Konsenszustand der Wahrheitssuchenden
voraus, die, immer im Plural, sowohl den Wahrheitswert als auch die
erreichte Annäherung an diesen vereinbart. Ist der Konsens erreicht,
der sich freilich immer wieder neu bestätigen muß, so offenbart
sich erneut die Unmöglichkeit des cartesischen universalen Zweifels,
der nämlich an diesem Punkt ins logische Paradoxon hineinschlittert,
also gerade in jenen Zustand, der ausgeschlossen und verhindert werden
sollte [6]. Der Moment des Konsenses ist
der Moment der Zweifelsfreiheit, der mit dem rationalistischen Ziel
der Zweifellosigkeit, Gewißheit oder Unbezweifelbarkeit kollidiert.
Dieses Spannungsverhältnis führt mitten in PEIRCE wichtige
These des Fallibilismus, die sowohl direkt auf den postmodernen Diskurs
im allgemeinen als auch auf ECO im speziellen verweist, zudem essentiell
wurde für den wissenschaftstheoretischen Diskurs der Neuzeit. Der
Fallibilismus-Vorbehalt beinhaltet, von den dargelegten Prämissen
ausgehend, die Unmöglichkeit absoluter Wahrheitsbeanspruchung für
synthetische, das sind wesentlich sozial vermittelte, Urteile und Aussagen.
Dies umschreibt, auf einen Satz gebracht (und ihm damit zwangsläufig
nicht gerecht werdend) das epistemologische Konzentrat des literarischen
Werkes Umberto ECOs. Unabhängig davon, wie weit der einzelne bestimmte
Sachverhalte als wahr erachtet, muß er von der Möglichkeit
ausgehen, daß dieser wie jeder andere Sachverhalt falsch sein
oder werden kann. In gewisser Weise kreiert PEIRCE hier einen neuen
erkenntnistheoretischen Apriorismus, dem aber gerade das Apriorische
abgeht. Dessen Relativität erweist sich nochmals, wenn bedacht
wird, daß es hierbei nicht um prinzipielle Anzweiflung der Erkennbarkeit
von Wahrheit geht noch um die Infragestellung der Wahrheit selbst, sondern
um die ständige Möglichkeit der Falschheit beider Faktoren.
Es geht um Wahrheit im Konjunktiv, also auch um einen ständigen
Faktor der Verunsicherung, nicht aber der Unsicherheit. Kategorial ordnet
sich der Fallibilismus also zwischen den Extremen Skeptizismus und Dogmatismus
ein (vgl. BECKMANN, S. 47), kultiviert faktisch eine gewisse Sanftheit,
Schwäche des Denkens (vgl. pensiero debole). Er akzeptiert
also weder die Aussage, daß es keine noch daß es
eine absolute Wahrheit gäbe.
Wenn alles Denken fallibel ist, so entfällt das Ziel
Gewißheit bzw. kann nicht mehr als erreichbar gelten [7]. Freilich
muß die nun leere Stelle, der Gegenpol zum Zweifel, der wohl zurecht
seit Platon als Antrieb des (philosophischen) Denkens gilt, besetzt
werden. PEIRCE realisiert dies im doubt-belief-concept, setzt dem Zweifel
also die Überzeugung entgegen. Des Denkens "einziges
Motiv, seine Idee und Funktion ist, eine Überzeugung herzustellen".
(5.396) "Deine Probleme würden bedeutend vereinfacht, wenn
du, anstatt zu sagen, daß du die Wahrheit erkennen willst, einfach
sagtest, daß du einen Zustand der Überzeugung ereichen willst,
der unangreifbar für jeden Zweifel ist" (5.416).
b) Logik und Psychologik die
Abduktion
PEIRCE Logik im ganzen anzugehen, ist an dieser
Stelle nicht möglich und, soweit zu sehen ist, ein noch weitgehend
unerschlossenes und unverstandenes Feld. Hier soll vor allem die erste
selbständige Leistung betrachtet werden, die neben der Semiotik
auch ECOs Interesse fand, die Theorie der Abduktion, die innerhalb der
PEIRCEschen Logik nur einen relativ geringen Teil einnimmt, zudem gebietsübergreifend
von Bedeutung ist. Diese Einschränkungen akzeptiert, dürfte
die Subsumtion gerechtfertigt sein.
Daß es neben der Deduktion und Induktion einen dritten
Schlußtypus gibt, wußte bereits ARISTOTELES, und so beschränkt
sich PEIRCE Verdienst darauf, diesen Schlußtypus genauer
untersucht und damit wissenschaftsfähig gemacht zu haben. Darüber
hinaus gelang es ihm, die prinzipielle Bedeutung der Abduktion darzulegen,
die zwar in der Logik der Forschung ihren Anwendungshöhepunkt findet,
ihre Basis allerdings im individuellen Erfahrungsleben, in den jeweiligen
Wahrnehmungsprozessen und in der individuellen Psychologie der Entscheidungen.
Während die beiden klassischen Schlußtypen ihre allgemeine
Anwendbarkeit durch ihre Idealtypik weitgehend verlieren, tritt mit
der Abduktion die alltäglichste Variante deutlich hervor, die das
gesamte menschliche Denken durchzieht. "Ziel des schlußfolgernden
Denkens ist, durch die Betrachtung dessen, was wir bereits wissen, etwas
anderes herauszufinden, das wir nicht wissen" (5.365), und PEIRCE
zeigte, inwieweit besonders die Abduktion, die er zuerst Hypothese,
später auch Retroduktion nannte, sich hierfür eignet.
Um die Differenzen und Gemeinsamkeiten beispielhaft zu
verdeutlichen, griff PEIRCE des öfteren zu dem fast sprichwörtlich
gewordenen Bohnensackexempel, das auch ECO verschiedentlich strapaziert
und das, trotz seiner Bekanntheit, auch hier noch einmal erinnert wird,
um daraus allgemeine Aussagen schließen zu können.
Deduktion
Regel: Alle Bohnen aus diesem Sack sind weiß.
Fall: Diese Bohnen sind aus diesem Sack.
Resultat: Diese Bohnen sind weiß.
"Jede Deduktion hat diesen Charakter; sie ist nur
die Anwendung allgemeiner Regeln auf besondere Fälle" (2.620).
Ihr Vorteil, die unbedingte Notwendigkeit des Resultats, impliziert
zugleich ihren Nachteil, den Verzicht auf eigentlichen Erkenntnisgewinn,
denn in der Regel als allgemeiner Aussage ist das Resultat bereits enthalten,
dem man sich dann nur noch versichern kann. Die Wenn-Dann-Konstellation,
auf der jede Deduktion beruht und die diese Strenge bewirkt, beinhaltet
jedoch noch ein zweites Problem. Die oberste Prämisse, d.i. die
allgemeine, ist immer anfechtbar, da absolut. Absolutheit läßt
sich aber nicht nach- oder beweisen (Anfechtbarkeit und Nichtbeweisbarkeit
sind zwar nicht synonym, werden hier zweckrational aber kurzgeschlossen.).
Dies ist die Grundbedingung des logischen Paradoxons, welches, zahlentheoretisch
übersetzt, im GÖDELschen Theorem eine Erklärung (eine
Lösung ist schlechthin unmöglich) fand. Danach enthalten alle
wiederspruchsfreien axiomatischen Formulierungen unentscheidbare Aussagen.
RUSSELs Paradoxie, mengentheoretisch angewandt, daß die meisten
Mengen nicht Elemente ihrer selbst sein können, besagt prinzipiell
das gleiche. PEIRCE Bohnenbeispiel freilich ist nicht gut geeignet,
die Richtigkeit der letzten Aussagen aufzuzeigen, da es relationslogisch
(PEIRCE gilt als Wegbereiter der Relationenlogik) argumentiert, insofern,
da A (alle Bohnen) B (weiß) ist, wenn C (Relation: dieser
Sack). Im klassischen deduktiven Schluß liegt diese Unentscheidbarkeit
gerade im "wenn". Wenn nämlich alle Menschen
sterblich sind, Paul ein Mensch ist, dann ist Paul sterblich. Zwar spricht
einiges dafür, daß alle Menschen sterblich sind, es ist jedoch
schlechthin nicht verifizierbar. [8] POPPERs Falsifizierbarkeitsthese offenbart
sich hier als teleologisch, denn sie löst dieses Problem nicht
prinzipiell, schiebt es nur hinaus, läßt aber dem Wissenschaftler
das beruhigende Gefühl, für sich eine Lösung gefunden
zu haben und legitimiert weiterhin das Ziel. PEIRCE scheint GÖDEL
schon erahnt zu haben, wenn er die Deduktion, "das notwendige Schlußfolgern",
nur auf "ideale Sachverhalte" oder "auf Sachverhalte,
insofern sie mit einem idealen in Übereinstimmung stehen"
(8.209), anwendbar erklärt.
In der Klassifikation der Gesamtheit aller Schlüsse
zeigt PEIRCE diagrammatisch die prinzipielle Differenz der Deduktion
von den beiden anderen Formen:
Schluß
deduktiv oder analytisch synthetisch
Induktion Hypothese (2.623)
Die Induktion ist der Schluß von Fall und Resultat
auf die Regel (2.622).
Fall: Diese Bohnen sind aus diesem Sack.
Resultat: Diese Bohnen sind weiß.
Regel: Alle Bohnen aus diesem Sack sind weiß.
Vor- und Nachteil der Induktion wenden sich gewissermaßen
im Vergleich zur Deduktion. Ihre Synthetizität offenbart ihren
erkenntniserweiternden Charakter, dem allerdings die Notwendigkeit abgeht.
Auch hier also entbehrt die Regel der Beweisbarkeit, fungiert jedoch
als Schluß. Damit gewinnt sie zeigenden Charakter, entspricht
damit, wie PEIRCE im Brief an CALDERONI mitteilt, der experimentellen
Untersuchung (8.209). Ihre prinzipielle Bedeutung für den Forschungsprozeß
wird in der Wechselwirkung der drei Schlußtypen noch deutlicher.
Bisher allerdings ist sichtbar geworden, daß die beiden klassischen
Schlußarten die Beziehung zwischen Regel, allgemeiner, absoluter
Aussage und Fall, der speziellen Aussage, verschiedentlich in Szene
setzen.
Mit der Induktion stimmt die Abduktion in mindestens zwei
Punkten überein, in ihrer Synthetizität inklusive der Fähigkeit
der Erkenntniserweiterung und in ihrer wendeartigen Relation zur Deduktion:
die Induktion "ist nicht die einzige Art, wie man einen deduktiven
Syllogismus umkehren kann" (2.623). Es ist der Schluß von
Regel und Resultat auf einen Fall.
Regel: Alle Bohnen aus diesem Sack sind weiß.
Resultat: Diese Bohnen sind weiß.
Fall: Diese Bohnen sind aus diesem Sack.
Verdeutlicht man sich, daß ein Fall immer ein Einzelfall
ist, so wird die Singularität des Schlusses einsichtig und damit
der Hypothesencharakter. Dieser schließt neben der An-Sich-Hypothese
gleichzeitig die Vermutung ein, daß der singuläre Schluß
verallgemeinerbar sein könnte, worauf die Existenzberechtigung
des Schlußverfahrens überhaupt beruht. Allerdings ist die
Verallgemeinerbarkeit oft nicht vonnöten, um einen Zweck, der eben
auch ein singulärer sein kann, zu erfüllen, so daß es
sich hier um eine abstrakte, aber mögliche Größe handelt.
Eine dritte Übereinstimmung, die sich zudem aus der Singularität
ergibt, tritt zutage in der Unüberprüfbarkeit innerhalb desselben
Diskurses. Was bei der Deduktion (im Sinne GÖDELs) und der Induktion
jedoch als Mangel erfahren wird, akzeptiert die Abduktion inhärent,
indem sie weitestgehend auf Strenge verzichtet. Als synthetischer Schluß
ist die Induktion offenbar eine bedeutend stärkere Schlußform
als die Hypothese (vgl. 2.642). Wenn die Abduktion streng ist, dann
in dieser durchgehaltenen Hypothesenhaftigkeit, die, psychologisch betrachtet,
Kreativität (nicht Raten, wie oft behauptet wird - doch dazu später)
heißen könnte. Bereits der Ausgangspunkt der Abduktion ist
eine hypothetische, erfundene, unerprobte allgemeine Regel (vgl. hierzu
NAGL, S. 112). Dieser wird eine Realität subsumiert, um hernach
zu schließen, daß diese Realität ein Fall dieser Regel
ist (Hypothese). "Abduktion ist der Vorgang, in dem eine erklärende
Hypothese gebildet wird" (5.171). "Durch Hypothese schließen
wir auf die Existenz eines Faktums, das ganz verschieden von etwas Beobachtetem
ist, aus dem sich jedoch nach den ganzen Gesetzen etwas Beobachtetes
notwendig ergeben würde" (2.636) - womit PEIRCE beginnt, die
Differenz zwischen den beiden synthetischen Schlüssen aufzuzeigen,
denn die Induktion "ist das Schlußfolgern von Partikulärem
auf das allgemeine Gesetz", die Abduktion das Schlußfolgern
"von der Wirkung auf die Ursache". "Erstere klassifiziert,
letztere erklärt" (ebd.). Mit diesem Erklären bringt
die Abduktion als einzige Schlußart Eigeninitiative ein, sie ist
das "einzige logische Verfahren, das irgendeine neue Idee einführt"
(5.171). Sie löst sich damit von der unmittelbaren Beobachtung,
die für die Induktion, so es sich um ähnliche Beobachtungsfälle
handelt, noch bindend ist und schließt auf die Existenz von Phänomenen,
die nicht beobachtet werden oder gar nicht beobachtet werden könnten,
die also nicht auf ähnliche Fälle zurückzuführen
sind. Kurz: es wird etwas angenommen, das die direkte Beobachtungsebene
durchstößt. Um ihre Gültigkeit nachzuweisen, bedarf
es auch hier der vierten Übereinstimmung mit der Induktion, der
experimentellen Verifikation, der Arbeit des Detektivs. Angenommen,
dieser findet einen Leichnam mit Schußverletzungen in der Herzgegend,
und daneben liegt ein Revolver. Zweckmäßigerweise wird er
vermuten, daß es sich hierbei um die Tatwaffe handelt.
Die erste experimentelle Verifikation ergibt die Fingerabdrücke
des Opfers auf der Waffe, woraus der Detektiv nach obigem Schema auf
Selbstmord schließt. Ergibt die Obduktion jedoch, daß die
Leiche einen dreitausendfach erhöhten Arsengehalt im Gewebe aufweist,
so wird die Regel erschüttert, und eine neue Hypothese ist notwendig.
Approximativ gelangt der Detektiv (im Idealfall) zur Wahrheit, in Abhängigkeit
seiner eigenen Kreativität und der des Mörders.
"Was ist unter einer guten Abduktion zu verstehen?".
Sie muß die Fakten erklären und ihren Zweck erfüllen.
"Was ist nun der Zweck einer erklärenden Hypothese? Ihr Zweck
ist, dadurch daß sie dem Test des Experiments unterworfen wird,
zur Vermeidung jeder Überraschung zu führen und zur Einrichtung
einer Verhaltensgewohnheit positiver Erwartung, die nicht enttäuscht
werden wird. Jede Hypothese kann daher, wenn keinerlei besondere Gründe
für ihre Ablehnung vorhanden sind, zulässig sein, vorausgesetzt,
daß sie in der Lage ist, experimentell verifiziert zu werden,
und nur insofern sie solcher Verifikation zugänglich ist. Das ist
annähernd die Lehre des Pragmatismus" (5.197). Die Verifikation
wird andererseits ermöglicht, wenn Rhythmen, Ähnlichkeiten,
Gleichförmigkeiten in der Natur u.ä. akzeptiert und angenommen
werden. Demzufolge handelt es sich um eine Hypothese, "wenn wir
finden, daß in gewissen Hinsichten zwei Objekte einander sehr
ähnlich sind, und schließen, daß sie einander in anderen
Hinsichten ebenso ähnlich sind" (2.624). Der Verdacht der
Widersprüchlichkeit zu obiger Aussage (2.640) wird entkräftet
wenn die Nuancierung zwischen Verifikation durch unmittelbare Beobachtung
und durch Experiment beachtet wird. (vgl. hierzu APELs Anm.12, S. 249).
Am Beispiel der Personenwahrnehmung, die sozialpsychologisch weitgehend
untersucht wurde, wird sichtbar, wie enorm fehleranfällig das hypothetische
Schließen ist, dargelegt in theoretischen Ansätzen wie dem
primary-effect, regency-effect, der Übertragung etc.. Wie gesagt,
diese Fehlerhaftigkeit wird akzeptiert, die Abduktion "ist bloße
Vermutung ohne Beweiskraft" (8.209).
Nun gibt die Analyse der Abduktion noch kaum Auskunft
über deren Bedeutsamkeit, die sich in der Anwendbarkeit herausstellen
muß. Auftretende Zweifel werden von PEIRCE im Keim erstickt, denn
er sieht die Relevanz von der Wahrnehmung über die Psychologie
bis hin zur Forschungsentwicklung der Wissenschaften. Letzteres zuerst.
Die Logik der Forschung stellt sich demnach als ein Komplex
von abduktiven, deduktiven und induktiven Schlüssen dar, deren
Beginn und Basis die Hypothese ist. "Nachdem die Abduktion
uns eine Theorie eingegeben hat, benützen wir die Deduktion, um
von jener idealen Theorie eine gemischte Vielfalt von Konsequenzen unter
dem Gesichtspunkt abzuleiten, daß wir, wenn wir gewisse Handlungen
ausführen, uns mit gewissen Erfahrungen konfrontiert sehen werden.
Wir gehen dann dazu über, diese Experimente auszuprobieren, und
wenn die Voraussagen der Theorie verifiziert werden, haben wir ein verhältnismäßiges
Vertrauen, daß die übrigen Experimente, die noch auszuprobieren
sind, die Theorie bestätigen werden. Ich sage, diese drei sind
die einzigen Schlußmodi, die es gibt. Ich bin davon sowohl a
priori als auch a posteriori überzeugt" (8.209).
Schließlich gibt uns die Induktion "die einzige annähernde
Sicherheit hinsichtlich des Realen, die wir haben können"
(ebd., vgl. auch 2.712). Zwangsläufig drängt sich die Nähe
zu FEYERABENDs "anarchistischer Erkenntnistheorie" auf, die
wirkungsvoll aus postmodern-pluralistischer Sicht in den wissenschaftstheoretischen
Diskurs eingriff. Soweit zu sehen ist, geschah dies ohne ausdrückliche
Besinnung auf PEIRCE. Gerade weil die Regelverletzungen im Wissenschaftsbetrieb
stattfanden, gab es demnach eine Wissenschaftsentwicklung in der Geschichte.
Jeder Ansatz, so der Österreicher, sei er auch noch so absurd,
kann unser Wissen bereichern, und daher seien Hypothesen, auch irrelevante,
irrationale, nicht belegte sowie kontra-induktive zuzulassen. "Es
spielt keine Rolle, wie unwahrscheinlich diese Annahmen sind; alles,
was sich ereignet, ist unendlich unwahrscheinlich" (2.642), argumentiert
auch PEIRCE aus tychistischem Kontext. Mit der objektiven Verseuchung
der Wissenschaftsdaten, die sich aus ihrer historisch-physiologischen
Determiniertheit ergibt, müsse man leben. Ja, sofern überhaupt
richtige Erkenntnis möglich ist, dann beruhe sie zumeist und zwangsläufig
auf fehlerhaften Voraussetzungen. Beide Denker strapazieren die Beispiele
GALILEI und KEPLER; so weist FEYERABEND überzeugend und spielerisch
nach, wie stark GALILEIs empirische Daten mit dem ptolemäischen
Weltbild korrelieren, er also nur mit Hilfe von Propaganda, Täuschung,
Lüge und ad-hoc-Ideen (so behauptete GALILEI etwa, das Fernrohr
aufgrund optischer Studien erfunden zu haben, während FEYERABEND
nachweist, daß er von Optik weder Ahnung hatte noch die entsprechende
Literatur kannte, das Fernrohr also zufällig, spielerisch entdeckte)
sein neues Bild überzeugend darstellte (insofern war die katholische
Kirche juristisch im Recht, als sie GALILEI verurteilte). "Eine
neue Theorie kündigt sich im praktischen Verhalten an..."
(FEYERABEND: Methodenzwang, S. 193), so FEYERABEND und im Hinblick auf
POPPER, aber PEIRCE mitdenkend: "die wissenschaftliche Forschung,
sagt Popper, beginnt mit einem Problem und schreitet fort zu
einer Lösung. Diese Kennzeichnung berücksichtigt nicht, daß
Probleme falsch formuliert sein können..." (ebd., S. 356).
Jedoch nicht nur im physikalisch-mathematischen Bereich [9]
findet das konjektive Denken Anwendung. (Und wieder weht der Wind aus
der solipsistischen Richtung.) PEIRCE gibt zu bedenken, daß die
Existenz historischer Ereignisse und Personen nur hypothetisch anzunehmen
ist, sobald sie vergangen und der Erinnerung entronnen sind. Die Existenz
Napoleons, den wir nie gesehen haben, jedoch Bilder und Geschichten
von ihm kennen, läßt sich nur hypothetisch als wirklich annehmen
(vgl. 2.652, 2.642; vgl. auch ECO: Fiktionen, S.119f.). [10] Auch die ärztliche
Diagnose muß immer Hypothese bleiben, von Symptomen ausgehend,
schließt der Arzt retroduktiv, also zurück auf die vermeintliche
Ursache. Die Ohnmacht des Patienten ergibt sich aus dessen Unfähigkeit,
die Fähigkeit des Arztes zu überprüfen (vgl. ECO/SEBEOK:
S. 140), gleichzeitig aber auch aus der Unmöglichkeit, die Falsifikation
durchzuführen, die letztlich den Tod des Patienten nach sich zöge.
Hier zeigt sich die Anwendungsbeschränktheit des POPPERschen Falsifikationismus. [11]
"Jemand müßte völlig verrückt
sein, wollte er leugnen, daß der Wissenschaft viele wirkliche
Entdeckungen gelungen sind. Aber jedes einzelne Stück wissenschaftlicher
Theorie, das heute festgegründet dasteht, ist der Abduktion zu
verdanken" (5.172).
Was im Forschungsprozeß zur Spitze getrieben wird,
findet sich schon in den Elementareinheiten menschlicher Erkenntnis,
in der Wahrnehmung. Die Hypothese bringt das sensuelle Element des Denkens
hervor (vgl. 2.643) [12]. Nihil est intellectu, quod non prius fuerit
in sensu. (5.181) Das in sensu liest PEIRCE als in einem
Wahrnehmungsurteil, und insofern ist alles, was ich wahrnehme, ein
Eindruck, der durch eine Aussage, welcher Form auch immer, handhabbar
gemacht wird. Diese Umwandlung allerdings beruht auf einer Hypothese,
denn das unmittelbar Wahrgenommene wird übersetzt interpretiert
und verliert mit diesem Eintritt in die Semiose dabei die Ursächlichkeit.
Jedes Denken ist ein Denken in Zeichen, meint der Semiotiker, und deshalb
ist ein denkendes Verarbeiten von Wahrnehmungsinhalten gar nicht anders
als interpretierend möglich. Denken und Semiose sind Synonyme.
Wohlgemerkt handelt es sich um den Interpretationscharakter des Wahrnehmungsurteils,
nicht um die Wahrnehmung selbst, es handelt sich dabei "wirklich
um nichts anderes als den extremsten Fall abduktiver Urteile" (5.185),
um den ursprünglichsten Fall zumal.
Wie aber vollzieht sich die Abduktion aus psychologischer
Sicht?
PEIRCE versucht dieser Frage mit einem Denkmodell beizukommen,
das, wie ich meine, deutlich auf LORENZ` Fulgurationshypothese verweist
(vgl. LORENZ, S. 47) [13], die dort allerdings
noch allgemein verstanden wird und sich daher besonders für eine
Erläuterung anbietet. Als ursprünglich göttlicher Blitzstrahl
(fulguratio) gedacht, bezeichnet dieser Begriff prinzipiell den Vorgang
des In-Existenz-Tretens eines neu Geschaffenen oder einer neuen Verbindung,
die, so LORENZ, völlig neue Systemeigenschaften aufweist. Und in
der Tat scheint sich diese evolutionsgenetische Annahme auch auf das
Denken ausdehnen zu lassen: "Die abduktive Vermutung kommt uns
wie ein Blitz. Sie ist ein Akt der Einsicht, obwohl extrem fehlbarer
Einsicht" (5.183). Das fulgurative Element des Zur-Einsicht-Kommens
verweist auf das Unerwartete, Plötzliche, empfundene Zufällige,
ja das Umwegige, verweist auf Dissoziationszustände des Denkens
[14], wie dies im psychoanalytischen Diskurs,
der selbst eine gewaltige und gewalttätige Abduktion ist, [15]
wenngleich ohne Verifikationsmöglichkeit, da unaufhebbare Zirkularität
vorliegt, benannt wurde. Deren gibt es viele, und sie alle kennzeichnet
das Unbewußt-Werden: der Traum, der Rausch, die Meditation, Hypnose,
Ekstase etc. Vielfältig sind die Wege, dorthin zu gelangen. [16]
Als lichtvolle Einsicht/ Idee/Gefühl/Gewißheit beschrieben
dies, und sie verwendeten dabei unwissentlich HUSSERLs Evidenzdefinition
(vgl. HUSSERL, S.28 f., 109, 156, 191ff.) die Physiker EINSTEIN und
HEISENBERG, die sowohl Relativitätstheorie als auch Unschärferelation
erst entwarfen, als sie dies als Ziel bereits aufgegeben hatten. Auch
der Lauf (oder anderer Ausdauersport, der keine Konzentration erfordert),
rhythmische, tanzende...Bewegungen, führt die Gedanken zur Assoziation,
indem der Körper aktiviert, ja dominierend wird, das Denken dadurch
Freiheit von sich erlangt. Hypnose ebenso wie FREUDs/JUNGs Assoziationsmethode,
können dazu führen, am berühmtesten jedoch dürften
mystische Praktiken oder Drogen sein. An anderer Stelle nimmt PEIRCE
Position gegen die Mystik ein, jedoch kann er das nur aus einer offensichtlich
unwissenden und voreingenommenen Position heraus, denn gerade sein Argument,
daß die Erkenntnis, d.i. die richtige Interpretation der Zeichen,
auf etwas zurückzuführen sein müsse, "das auf jeden
Menschen einwirkt oder einwirken könnte" (5.384), womit er
die Mystiker als erledigt betrachtet [17],
spricht für diese Methode als psychologische. Nicht der Verweis
auf Gott, der ja tatsächlich den Menschen entlastet, sondern
die beeindruckende Übereinstimmung der so vielen Mystikererlebnisse
aller Zeiten, Kulturen und Religionen, die ebenfalls als lichtvoll und
allumfassend beschrieben werden, deuten auf das fulgurative Abduktionserlebnis
hin. Was schließlich die Drogen betrifft, so zeigen William von
Baskerville und dessen literarischer Detektivpate Sherlock Holmes, daß
und inwieweit ihr Genuß erkenntniserweiternd sein kann. (Demselben
Zweck dient übrigens auch Holmes Violinenspiel, allerdings nur
wenn er improvisiert, ebenso wie seine chemischen Experimente.) Es gilt
dabei deren ursächliche Intentionen wiederzuentdecken, die in der
modernen Gesellschaft fast gänzlich verlorengegangen sind, so daß
hier Drogenmißbrauch die einzig mögliche Konsequenz ist (vgl.
SLOTERDIJK: Weltfremdheit, S. 118-160). Gerade in jenen Situationen,
die neue (systemneue) Ansätze erfordern, was mitunter mit einem
Handlungsnotstand korrespondiert, ziehen sich die Protagonisten zurück,
um die anregende Wirkung der Drogen zu Hilfe zu ziehen. Es geht dann
immer darum, den tradierten Denkrahmen zu sprengen, um auf eine neue
Ebene zu gelangen oder aber wie die Koan im Zen-Buddhismus die Kausalitäten
zu zerstören, Zwänge und Determinationen zu beseitigen bis
hin zur Sprachdetermination. Man könnte sich an einem Gedankenexperiment
durchaus ECOs William von Baskerville vorstellen, wenn man sich PEIRCE
Worte vor Augen führt: "Es gibt eine gewisse angenehme geistige
Beschäftigung, die ich ... weil sie keinem anderen Zweck dient
als dem, allen ernsthaften Zweck links liegen zu lassen, halb geneigt
war (auf eine näherhin zu qualifizierende Weise) Tagtraum zu nennen;
aber für einen Geisteszustand, der der geistigen Leerheit und der
bloßen Träumerei so diametral entgegengesetzt ist, wäre
eine solche Bezeichnung ein gravierender Mißgriff" (6.458). [18]
In ihrer Alltäglichkeit scheint die Abduktion ein
äußerst erfolgreiches Schlußverfahren zu sein, das
zwar sehr häufig fehl schließt, was ihr offensichtlich aber
verziehen wird. Zwei Fragen ergeben sich, die die Abstraktionsebene
weiter erhöhen. Wie kann überhaupt eine menschliche Hypothese
natürliche Prozesse erklären; woher stammt die Kompatibilität,
und wieso sind immer so viele Treffer in all der vermeintlichen Raterei,
die das Verfahren überhaupt erst legitimieren; was sind schließlich
die Voraussetzungen dafür? Letzterer Teil der Frage wird von PEIRCE
zwar gestellt, jedoch, so weit zu sehen ist, nicht beantwortet, so daß
zuerst dem Philosophen selbst gefolgt werden soll. Dieser macht sich
hier die Evolutionstheorie zunutze, indem er zum einen auf "gewisse
Gleichförmigkeiten in der Natur, durch deren Erkenntnis eine Hypothese
erheblich erweitert werden kann" (2.633) hinweist, andererseits
eine gewisse Analogie zu Naturprozessen, zu evolutionären Prozessen
sieht [19]. Der Mensch als Naturwesen kann schlechthin nicht anders, als
natürliche Prozesse denkerisch zu replizieren und bleibt daher
dieser Affinität unauslöslich verbunden [20], wenngleich sein
Denken diesen Hiatus erst erschuf. Und wie das instinktsichere Tier
die natürliche Einheit mit jedem Tun bestätigt, bleibt dem
Menschen als (GEHLENsches) Mängelwesen, welches die Instinkte weitgehend
verlor, nichts anderes übrig, als einen analogen kognitiven Vorgang
einzusetzen, und dieser eben ist das konjektive Denken. Auch hier bestätigt
sich das Ergebnis in der Praxis (wo nebenbei bemerkt die Nähe zur
Pragmatischen Maxime wieder offensichtlich wird) und wird in Abhängigkeit
zur Notwendigkeit früher oder später revidiert. "Dieses
Vermögen der Einsicht hat zur selben Zeit die allgemeine Natur
eines Instinktes, der insofern dem Instinkt der Tiere gleicht, als er
über die allgemeinen Vermögen unserer Vernunft weit hinausgeht
und uns führt, als ob wir im Besitz von Fakten wären, die
gänzlich außerhalb der Reichweite unserer Sinne liegen. Es
gleicht dem Instinkt weiterhin darin, daß es in geringem Maße
dem Irrtum unterworfen ist; denn obwohl es häufiger den falschen
als den richtigen Weg einschlägt, ist es im Ganzen gesehen doch
das Wunderbarste unserer ganzen Konstitution" (5.173). Gerade dieses
Wunderbare aufzulösen, gelang PEIRCE nicht - es fehlte ihm das
empirische Material. Doch die Frage ist brisant, und PEIRCE war der
Antwort ganz nah, muß es doch einen Grund geben, der die abduktiven
Erfolge garantiert, und zwar jenseits der Wahrscheinlichkeit des Zufalls.
Das Raten, wie PEIRCE hin und wieder glaubte [21], kann als Erklärung
aus diesem Grunde nicht dienen. "Nein, nein, ich rate nie. Raten
ist eine abscheuliche Angewohnheit, es zerstört die Fähigkeit,
logisch zu denken" (CONAN DOYLE: Zeichen, S. 15) erkannte der Meister
der kriminalistischen Hypothese, Sherlock Holmes, und an anderer Stelle
wird man über die notwendige Voraussetzung belehrt, um diese Meisterschaft
zu erlangen: "er hat eine ganze Menge abseitiger Erkenntnisse angehäuft"
(CONAN DOYLE: Studie, S.12, vgl. auch: Zeichen, S. 10ff. u.a.). Aus
der Schule der amerikanischen behavioristischen Sozialpsychologie kommend,
hat Peter R. HOFSTÄTTER einen am empirischen Material gewonnenen
Ansatz entwickelt, der (so glaube ich) das PEIRCEsche Problem lösen
könnte, alles hängt dabei an der Frage des Wissens. Die "synthetische
Gruppe", in der als ein mathematisches Konstrukt alle subjektiven
Einzelleistungen addiert, um dann durch die Anzahl der Mitglieder dividiert
zu werden, erreicht mit diesem Quotienten eine korrektere Lösung
als jede Einzellösung für sich. Die approximative Korrektheit
korreliert dabei mit der Anzahl der Einzellösungen, so daß
HOFSTÄTTER eine statistische Utopie von der potentiellen Allwissenheit
der Gruppe (HOFSTÄTTER, S.48 ff.) beschreiben kann. Statistisch
betrachtet handelt es sich hier um ein Phänomen des Fehlerausgleiches.
Erfolgversprechend kann diese Gruppe allerdings nur dann sein, wenn
sie zwei wesentliche Bedingungen erfüllt: erstens, "daß
in der Menge der Beurteilenden die Durchschnittsrichtigkeit der Urteile
größer als Null sei" (ebd., S.43), wofür zweitens
Voraussetzung ist, daß ein Mindestmaß an Wissen über
das zu lösende Problem vorliegt. Gerade dies hebt es vom Ratehintergrund
ab. Bleibt freilich die Frage, was das alles mit der Abduktion zu tun
hat, die doch ein je individuelles Phänomen ist. Die Synthesis
der Gruppe jedoch ermöglicht die Anwendung auf das PEIRCEsche Problem
insofern, als eine Gruppensituation bereits im inneren Dialog gegeben
ist [22]. Jede Entscheidungssituation aber teilt die Person zwangsläufig,
so daß diese im Entscheidungsmoment dem Konstrukt der synthetischen
Gruppe entspricht. [23] Wenn dann marginales Wissen vorhanden ist, wie dies
die Detektive Holmes [24] und William von Baskerville anhäufen, so scheint
die Situation günstig, durch abduktives Denken eine realitätsnahe
Entscheidung zu fällen.
PEIRCE legitimiert dies auch wissenschaftstheoretisch
und epistemologisch, denn nicht die Wahrheit als distinkter Entität,
die ohnehin nur approximativ, "in the long run", anzustreben
ist, sondern Überzeugt-Sein und Übereinstimmung in der Sozietät,
der scientific community, sind Ziele allen Forschens. Dies ist nicht
präskriptiv zu lesen, sondern stellt die deskriptive Erkenntnis
PEIRCE dar. Wir befinden uns damit wieder inmitten des pragmatischen
Diskurses und können mit PEIRCE das Fazit ziehen: "Wenn Sie
die Frage des Pragmatismus sorgfältiger Prüfung unterwerfen,
werden Sie sehen, daß er nichts anderes als die Frage nach der
Logik der Abduktion ist" (5.197)
2. UMBERTO ECO
Will man sich ECOs Theorie über Abduktion zuwenden,
so stellt sich die Frage nach der Teilbarkeit des Werkes, und es ist
schwerlich zu übersehen, daß er ein theoretisches (welches
sich in semiotische, historische, ästhetische, philosophische,
kulturkritische, linguistische etc. Studien noch unterteilen ließe)
und belletristisches (Romane, Kurzgeschichten und Essays) Werk bisher
vorlegte. Trotzdem wäre es nicht ungerechtfertigt, die Stringenz
des Gesamtwerkes hervorzuheben, denn was er literarisch schuf, kann
als angewandte Wissenschaft gelesen werden. Wird die Trennung trotzdem
vollzogen, dann vor allem aus formalen Gründen und unter dem ständigen
Bewußtsein der Kohärenz. Am Schicksal Herrn Sigmas machte
ECO erstmals deutlich, womit die Semiotik sich befassen muß, nämlich
mit allem [25] (ECO: Labyrinth, S.11), und in diesem erweiterten Sinne darf
sie als Oberbegriff des gesamten Schaffens dienen.
a) Das theoretische Werk
Die Semiotik, als die Wissenschaft von den Zeichen, muß
sich ständig mit der Intentionalität und Kausalität des
semiotischen Prozesses beschäftigen, also mit der Interpretation
zumeist verursachter und bezweckter Zeichen, mit Zeichen, die von einem
Sender für einen Empfänger geschaffen und genutzt wurden.
Sie muß sich dabei ihrer inhärenten Grenzen [26]
bewußt sein, eben weil sie immer Macht intendiert. Dieser Prozeß
unterliegt Signifikationen, die aufzuspüren weitestgehend Aufgabe
der Abduktion ist. Ohne abduktives Herangehen wäre Semiose letztlich,
d.h. von den idealtypischen und äußerst seltenen Fällen
abgesehen, unmöglich. Soll ein Zeichen als solches fungieren, dann
muß es erkennbar sein, unabhängig davon, ob die Erkennung
je realisiert wird. Und genau diese Erkennbarkeit garantiert das abduktive
Verfahren. Die Abduktion ist "das versuchsweise und risikoreiche
Aufspüren eines Systems von Signifikationsregeln, die es dem Zeichen
erlauben, seine Bedeutung zu erlangen" (ECO: Semiotik und Philosophie,
S. 68). Im semiotischen Kontext fällt der Abduktion also die interpretative
Aufgabe zu, sie ist eine Interpretation, die selbst logischen
Regeln gehorcht, sie läßt das Zeichen erst als solches funktionieren,
sie "ist das klarste Beispiel für die Erzeugung einer Zeichen-Funktion"
(ECO: Semiotik Entwurf, S.188). Da ihr aber, wie bereits festgestellt,
die logische Strenge fehlt, sie auf ein intuitives, zufälliges
- verbunden mit marginalem Wissen - Element angewiesen ist, verzichtet
sie auf die Suche von nomothetischen Erkenntnissen, allgemeingültigen
Gesetzmäßigkeiten, womit sie sich ohnehin für die alltägliche
Situation erst eignet. Im Alltag nämlich, nicht im Laborzustand,
wird der übergroße Anteil an Entscheidungen gefällt,
und diese lassen sich dann nicht, im Gegensatz zum Experiment, in Konstante
und Variable aufgliedern. Die alltägliche Logik ist eine Logik
der Unschärfe, sie gleicht den fraktalen, sich selbstähnlichen
und dissipativen Strukturen der Natur [27]. Die hier anzutreffenden Entscheidungen
sind schwierig im kontextualen Sinne, denn unbegreifbar bleiben die
unendlichen Möglichkeiten. Diese Ohnmacht des menschlichen Geistes,
mit einem endlichen Denkapparat dem Unendlichen gegenüberzustehen,
ließ ihn den Zufall erfinden für all jene Sachverhalte, die
unerklärlich, da tatsachenüberladen, sind. Die Vieldimensionalität
muß ihr logisch-psychologisches Gegenüber finden, und sie
hat dies in der Abduktion tatsächlich entdeckt. Abduktives Denken
gab es, seit es Denken gibt, und dies darf nicht mit PEIRCE oder
ECOs Abduktionen über die Abduktion, deren Metaabduktionen, verwechselt
werden. Ihre Bedeutung für die Semiotik zusammenfassend, meint
ECO: "Eine Abduktion ist ein typisches Verfahren, mittels dessen
man bei der Semiose fähig ist, schwierige Entscheidungen zu treffen,
wenn man unklaren Instruktionen folgt" (ECO: Grenzen, S. 295).
Die Unklarheit beansprucht dabei Objektivität.
Darüber hinaus müßten kaum noch Worte
verloren werden, wenn nicht ECO den Versuch unternommen hätte,
die PEIRCEsche Theorie der Abduktion zu konkretisieren und weiterzuentwickeln.
ECO unterscheidet verschiedentlich zwischen drei oder
vier Stufen der Abduktion: "Auf der ersten Stufe ist der Befund
zwar unerklärlich und sonderbar, aber das Gesetz existiert bereits
irgendwo, vielleicht im Innern des betreffenden Problembereichs, und
man muß es nur finden (als das Gesetz mit der größten
Wahrscheinlichkeit). Auf der zweiten Stufe ist das Gesetz schwer zu
erkennen. Es existiert woanders, in einem anderen Problembereich, und
man muß eine Wette darauf riskieren, daß es sich auf den
vorliegenden Problembereich ausdehnen läßt (dies war der
Fall bei Kepler). Auf der dritten Stufe existiert das Gesetz noch nicht,
und man muß es erfinden" (ECO: Spiegel, S. 210). Die erste
der drei Stufen, die sich durch die steigende Schwierigkeit der Realisierung
unterscheiden, nennt er "überkodierte Abduktion" [28] und
meint damit die PEIRCEsche Hypothese. Es bleibt allerdings fraglich,
ob PEIRCE tatsächlich an zwei Arten der Schlußfolgerung dachte,
also ob er zwischen Hypothese und Abduktion unterschieden wissen wollte.
Es handelt sich da wohl eher um eine kategoriale Neufindung, die sich
ECO inhaltlich zunutze macht. Demnach wird hier einem bereits bekannten
codierten Gesetz ein Fall abduktiv hypothetisch beigeordnet, wobei die
situativen Umstände entscheidend und zu entscheiden sind oder im
semiotischen Diskurs, der die Textualität der Welt voraussetzt:
der Ko-Text [29], die textuale Einordnung, der Kontext, sowie die subjektive
Situation des Texterzeugenden. Die vom Subjekt aus gesehen nächst
höhere Stufe, die "unterkodierte Abduktion", liegt vor,
"wenn die Regel aus einer Reihe gleich wahrscheinlicher Alternativen
gewählt werden muß" (ECO: Semiotik und Philosophie,
S.70). ECO erklärt diese an Hand der Entdeckung des ersten KEPLERschen
Gesetzes. Nachdem KEPLER klar war, daß die Planetenbahnen nicht
gleichförmig verliefen, mußte er eine Alternative finden,
wobei ihm viele, aber nicht unbegrenzt viele Möglichkeiten blieben.
Unter der Annahme der Regelmäßigkeit konnten ungeschlossene
geometrische Figuren ausgeschlossen werden, und unter den geschlossenen
schienen die Ellipsen nicht zuletzt wegen ihrer Kreisähnlichkeit
als die effektivsten. Diese Annahme [30] wurde schließlich experimentell
rechnerisch verifiziert. Am riskantesten, aber auch am bedeutendsten
ist schließlich die "kreative Abduktion": "Das
Gesetz muß ex novo erfunden werden" (ECO: Grenzen,
S. 313). Berühmtes Beispiel ist "die kopernikanische Intuition
der heliozentrischen Theorie" (ebd., S.329). Der Pole hatte weder
empirische Veranlassung noch Beweismaterial, um das ptolemäische
Weltbild in Frage zu stellen, außer dessen interne Schwierigkeiten,
er ging von einem unergründlichen Harmoniegefühl, einer Sehnsucht
nach Harmonie, aus. In einem geistigen Schöpfungsakt versetzte
er die Sonne in den Mittelpunkt des Sonnensystems, eine Erfindung, die
erst nach dessen Tode zur Entdeckung reifte [31]. Auch die detektivischen
und interpretativen Abduktionen stellen zumeist kreative Abduktionen
dar (vgl. ECO: Semiotik und Philosophie, S.72) und sind von daher für
das literarische Werk ECOs von besonderer Bedeutung. Den Hiatus zwischen
psychischen, abduktiv geschaffenen Welten und der realen Welt soll schließlich
eine "Meta-Abduktion" überbrücken, der damit die
Aufgabe der prinzipiellen Verifikation zukommt. Sie ist die Verbindung,
die den festen Boden unter den Füßen garantiert und dürfte
gemeinsam mit der kreativen Abduktion weitgehend PEIRCE Abduktionsbegriff
abdecken.
Es gibt, so ECO, ein bestimmtes Kriterium, welches eine
gewisse Gewähr bietet, in der Vielzahl der möglichen Abduktionen,
diejenigen auszuwählen, deren Annahme am erfolgversprechendsten
ist. Bereits PEIRCE hatte dies erkannt, es bleibt jedoch ECOs Verdienst,
dies explizit verdeutlicht zu haben. Auch der Vater des Pragmatismus
nutzte eine detektivische Situation zur Verdeutlichung: "Ein gewisses
anonymes Schriftstück besteht aus einem abgerissenen Stück
Papier. Man vermutet, daß es sich bei dem Autor um eine bestimmte
Person handelt. Sein Schreibtisch, zu dem er allein Zugang hatte, wird
untersucht, und man findet in diesem ein abgerissenes Stück Papier,
dessen Rand genau mit allen Unregelmäßigkeiten zu jenem fraglichen
Schriftstück paßt. Es ist ein rechtmäßiger hypothetischer
Schluß, daß die vermutete Person tatsächlich der Autor
war. Der Grund dieses Schlusses ist offensichtlich der, daß es
äußerst unwahrscheinlich ist, daß zwei abgerissene
Papierstücke zufällig zusammenpassen" (2.632) [32]. PEIRCE
gibt hier gewissermaßen eine negative Bestimmung dessen, was ECO
als Ökonomiekriterium (z.B. ECO: Grenzen) oder Sparsamkeitskriterium
(ECO: Autor) in die Semiotik integrierte. [33] Ohne Zweifel war es für
den Pragmatisten notwendig, seine Theorie gegen Auswüchse zu schützen,
bevor sie, positiv gewendet, weiterentwickelt werden konnte. Und in
der Tat muß die Abduktion sich am Erfolg messen lassen, und dies
erfordert, "von den Hypothesen alles auszuschließen, das
unklar und unsinnig ist" (5.212). Phantasie ist zwar eine wesentliche
Voraussetzung für den Erfolg des Hypothetischen, doch es kann auch
dessen Ende bedeuten, wenn sie unendlich wuchert [34]. PEIRCE war sich darüber
im klaren, daß jedes Zeichen immer auf andere Zeichen verweist,
woraus sich eine virtuelle Unbegrenztheit der Zeichen ergibt, jedoch
sei das kein Freifahrtsschein in die Beliebigkeit, konkretisierte ECO. [35]
Dem ständen mindestens zwei Dinge entgegen: die Zwecke der Erkenntnis
und eben das Ökonomieprinzip. Demnach ist diejenige Hypothese den
anderen vorzuziehen, deren Aufwand am geringsten ist. Es handelt sich
dabei zumeist um die vernünftigste (einfachste, simpelste, natürlichste
etc.) Erklärung, die gleichzeitig eine kritische ist. [36] Von daher
favorisiert ECO eine "vom Argwohn geprägte Interpretation"
(ECO: Grenzen, S. 119), deren Kriterien der möglichst geringe Aufwand,
eine stringente und möglichst einsträngige Kausalität
sowie die Kompatibilität mit angrenzenden Gebieten oder die Möglichkeit
der paradigmatischen Einordnung sind. Gültig ist dies für
die Semiotik als Gesamtprozeß als auch für die abduktiven
Schlußverfahren. Um aber ökonomisch interpretieren und entscheiden
zu können, bedarf es wieder des Wissens, der Kompetenz. "Jeder
Interpretationsakt ist dergestalt eine schwierige Transaktion zwischen
der Kompetenz des Lesers (der vom Leser geteilten Kenntnisse der Welt)
und der Art der Kompetenz, die ein bestimmter Text postuliert, um ökonomisch
interpretiert zu werden" (ebd., S. 148). Freilich unterläßt
es auch ECO, nach den psychologischen Wurzeln und dem Herkommen der
Kompetenz im abduktiven Prozeß zu fragen, allerdings deutet er
im literarischen Werk, im "Namen der Rose" insbesondere, wie
nun gezeigt werden soll, mögliche Lösungswege an.
b) Das literarische Werk
Die Psychologie mußte sich in ihrer Wissenschaftsgenesis,
die sich bekanntermaßen auf eine lange Vergangenheit, jedoch nur
auf eine kurze Geschichte berufen kann, des öfteren verwundert
den Literaten zuwenden, um festzustellen, daß kein geringer Teil
ihrer Ergebnisse, der in einem mühsamen empirischen Forschungsprozeß
erarbeitet wurde, sich hier oft spielerisch leicht poetisch manifestierte.
Vielleicht mag ECO diesbezüglich mit den herausragendsten Literaten
nicht konkurrieren können, aber wir erfahren auch in seinen literarischen
Werken einiges über die Psychologie der Abduktion und noch mehr
über die Psychologie des Detektivs. Dabei kann er sich auf berühmte
Vorbilder stützen.
PEIRCE selbst lieferte ein beeindruckendes Beispiel detektivischer
Feinfühligkeit, als es ihm gelang, den Diebstahl seiner Uhr während
einer Schiffsfahrt aufzuklären (vgl. ECO/SEBEOK, S. 28-39), wobei
er sogar den Rahmen der Logik sprengte und das intuitive, fulgurative
Element der Abduktion verdeutlichte, denn es gab keinerlei offensichtliche
Anhaltspunkte, den Täter zu bestimmen. Die Methode jedoch ist aufschlußreich.
Da der Diebstahl stattfand, noch bevor die Mannschaft des Schiffes das
Land betrat, konnte der Täterkreis auf eben jene eingegrenzt werden,
und da PEIRCE offensichtlich glaubte, daß Inhaber von Diensträngen
aus ethischen Erwägungen auszuschließen seien, ließ
er das bedienende farbige Personal antreten und stellte jedem einzelnen
eine Frage, die denkbar unzusammenhängend mit dem beschriebenen
Fall war. Der Dissoziationsversuch ist kaum zu übersehen. Natürlich
brachte diese Art der Befragung keinerlei Tatsachenmaterial zutage,
und trotzdem war sich der Begründer der Abduktion danach sicher,
den Schuldigen benennen zu können. Aufgrund eines bloßen,
unerklärbaren Verdachtes, einer Überzeugung. Diese Einsicht,
die natürlich dem Fallibilismus-Vorbehalt unterworfen blieb, diente
der Antizipation des Täterverhaltens [37],
der die Funktion der Verifikation zukam. Und in der Tat stellte sich
nach verwirrenden Zwischenereignissen die Richtigkeit des PEIRCEschen
Schlusses heraus. Wenn kein bewußtgewordener Sachverhalt vorliegt,
das Ergebnis aber der Wahrheit entspricht, so muß der Akt der
Entscheidung ins Psychische, ins sogenannte Unbewußte verlegt
werden, was mindestens zweierlei voraussetzt: erstens eine enorme Sensibilität
der Wahrnehmung und das seismographische Gespür psychischer Eruptionen,
zweitens das Vermögen von primär-kausalen, vordergründig
erscheinenden, sich offensichtlich anbietenden, tatsächlich aber
ablenkenden Erscheinungen zu abstrahieren - eine Fähigkeit, die
dem von PEIRCE engagierten Detektiv abging, der eben einer vermeintlichen
Tatsachenspur folgte. [38]
Der Name der Rose beginnt mit der Brunellus-Geschichte,
und diese verweist auf zwei andere berühmte Vorlagen. Zum einen
liebte Sherlock Holmes es, Watson oder einen Klienten vor seiner eigentlichen
detektivischen Arbeit durch besonders scharfsinnige und trotzdem banale
"Deduktionen" zu beeindrucken, wie dies auch William von Baskerville
bekennt, zum anderen findet die Situation des entlaufenen Pferdes, welches
durch abduktives Schließen bestimmt und wiedergefunden wird, in
Voltaires "Zadig" seinen Vorläufer. Allerdings schien
sich auch Voltaire auf sagenhafte Geschehnisse verschiedener Kulturen
der Welt zu berufen [39], in denen die Geschichte in unterschiedlichsten
Formen erzählt wurde.
ECOs Interesse an der Metaphysik des Kriminalromans, die
ihn immer wieder beschäftigte [40] ist also ein semiotisches und konjektives.
"Ich glaube, daß Krimis den Leuten nicht dadurch gefallen,
weil es in ihnen Mord und Totschlag gibt; auch nicht darum, weil sie
den Triumph der (intellektuellen, sozialen, rechtlichen und moralischen)
Ordnung über die Unordnung feiern. Sondern weil der Kriminalroman
eine Konjektur-Geschichte im Reinzustand darstellt" (ECO:
Nachschrift, S. 63). Die Motivationsvorgabe, dem Drang erlegen zu sein,
einen Mönch zu vergiften (ebd. S. 21), muß man vielleicht
nicht zu ernst nehmen, denn es scheint doch permanent das theoretische
Interesse durch den Schleier der Mordserie. Um dies von Beginn an deutlich
zu machen, bedient er sich der Brunellus-Episode, die im Handlungsgefüge
sonst eine untergeordnete Rolle spielt, die den Leser aber ebenso wie
Adson in die Lage versetzt, Williams Denkweise jenseits des metaphysischen
Diskurses zu verstehen. Dem Leser geht es dann oft nicht anders als
Dr. Watson oder Adson, die, wenn sie die Herleitung nachvollziehen konnten,
von deren Einfachheit verblüfft waren, sie evident (26) fanden
und sogar dazu neigten, die tatsächlich erbrachte kombinatorische
Leistung fehl- oder unterzubewerten. Doch gemessen an der Vielzahl der
Interpretationsmöglichkeiten, scheint dies nicht gerecht. Tatsächlich
nämlich hätte in fast jedem abduktiven Fall alles ganz anders
sein können. Selbst offensichtliche Spuren müssen kein Kriterium
der Wahrheit sein, wie man etwa an dem sowjetischen Filmklassiker "Rette
sich, wer kann" [41] beispielhaft darzustellen vermag, in dem auf einem
Schiff, welches einen Zirkus transportierte, eine Panik ausbrach, nachdem
durch künstlich gefertigte Abdrücke von Tigertatzen jedermann
annahm, daß diese Tiere frei herumliefen. Zwar schließt
Zadig zurecht aus den Goldabschürfungen auf vergoldete Hufe, doch
es hätte sich ebenso um einen vom Pferd gefallenen Ritter in goldener
Rüstung handeln können (vgl. ECO: Grenzen, S. 322), zwar schließt
Holmes zurecht aus Watsons schmutzigen Absätzen auf dessen Postbesuch,
doch die Schuhe hätte auch eine andere Person tragen können
(vgl. CONAN DOYLE: Zeichen, S. 12ff.), zwar identifiziert William zurecht
aus der "Quelle" Buridan den Namen des Pferdes, doch hätte
der Namengeber, der Abt, auch weniger belesen sein können... Der
Phantasie sind keine Grenzen gesetzt, und obwohl größtmögliche
Phantasie unabdingbare Voraussetzung für erfolgreiche Abduktionen
ist, liegt die Kunst in deren Zügelung. Es ist Vorsicht geboten,
und William demonstriert eine quasi mäeutische Vorsicht, gepaart
mit einem gesunden Maß an Risiko. Daß die Mönche suchten,
war ihrer Aufgeregtheit zu entnehmen, daß es ein Pferd war, den
Hufspuren. Bis hierher ging das Risiko, der Rest ist Mäeutik, denn
es ist der Cellerar, der William zum einen die Gewißheit für
die Richtigkeit seines Verdachtes gibt, durch seine Fragen, seine Mimik
und Gestik die weitere Richtung vorgibt. Wie gesagt, eine wesentliche
Leistung liegt in der psychologischen Sensibilität. [42]
Später, als William seinem Schüler den Erkenntnisweg
erläutert, gibt ECO seine Theorie der Abduktion preis. Er beschreibt
sie, ebenso wie dies PEIRCE tat, als Approximation an eine idealische
Wahrheit, der man sich eben nur nahe bringen könne (30). Diese
Approximation ist, und sei sie noch so dürftig, der Sinn des an
sich unerträglichen Lebens des Wahrheitsjägers (210), sein
mageres Ergebnis und Erlebnis. Es ist zudem ein verschwenderisches Spiel,
den natürlichen Fortpflanzungsvorgängen analog, in denen nur
ein Samen, wenn überhaupt, aufgeht. "Ich betrachte eine Anzahl
unzusammenhängender Elemente" dozierte William "und entwickle
Hypothesen. Aber ich muß viele Hypothesen entwickeln, und manche
davon sind so absurd, daß ich mich schämen würde, sie
dir zu nennen" (310). Diese Abduktionen müssen, wie oben gesagt,
kreativ sein, es kommt darauf an "so viele Wahrheiten wie möglich
zu ersinnen" (311). [43] Und ECO macht den Leser mit seiner eigenen
Weiterentwicklung der PEIRCEschen Abduktionslehre bekannt, mit dem Ökonomieprinzip.
Offensichtlich waren es die Abdrücke eines Pferdes, daß es
sich aber um Brunellus handelte, ergab sich aus der Anwendung der Ökonomieregel,
die die örtlich/zeitlichen Variablen in die Gleichung einsetzte
(vgl. 29) und so zur wahrscheinlichsten (das ist die einfachste) Lösung
führte. Verallgemeinert und als Lehrsatz klingt das wie folgt:
"Mein lieber Adson, man soll die Erklärungen und Kausalketten
nicht komplizierter machen, als es unbedingt nötig ist." (95),
denn je geringer die Anzahl der Elemente, um so umfassender die Erklärung
(ebd., vgl. S. 268 u.a.). Die sich daraus ergebende Notwendigkeit der
(phänomenologischen) Reduktion der Elemente wird erreicht, so lehrt
wiederum Sherlock Holmes und macht damit den phänomenologischen
Aspekt der Abduktion deutlich, indem man alles ausschließt, was
unmöglich ist (CONAN DOYLE: Zeichen, S. 55 u.a.) und die Deckung
der Hypothese mit den Fakten vollzieht (ebd.; S.74). [44] Auch Zadigs Goldritter
muß als Hypothese aus ökonomischen Gründen ausscheiden,
weil eben ein einzelnes Pferd rationeller sei, als ein Pferd mit Reiter
(vgl. ECO: Grenzen, S. 323). An anderer Stelle, jedoch mit ähnlichem
Ergebnis, als William den Text des Venantius übersetzt [45] (166 ff.),
ließe sich die Gesamtheit der Aussagen noch einmal wiederholen.
Vom greisen Alinardus erfährt William zum ersten
Mal vom Labyrinthcharakter der Bibliothek, verbunden mit dem fatalen
Hinweis auf die Apokalypse des Johannes. Der Franziskaner ist sich dessen
zwar nicht bewußt, nimmt von hier ab jedoch diese Matrix an, vor
deren Hintergrund dem Leser ein Mißerfolg nach dem anderen präsentiert
wird. Mißerfolge Williams sind immer Fehlinterpretationen des
Welten-Buches, Verirrungen im Labyrinth der (Mikro)Welt. Wie bereits
zu sehen war, sind abduktive Fehlentscheidungen nie zu vermeiden, und
dies ist dem mittelalterlichen Detektiv auch nicht anzurechnen, aber
als prototypischer Aufklärer, der das "sapere aude" schon
vorverinnerlicht hat und mit diesem anthropozentrischen und rationalistischen
Selbstbewußtsein an den unbedingten Progreß der Dinge glaubt,
kommt ihm die Fallibilität nicht wirklich in den Sinn. ECOs postmoderne
Aufklärungskritik ist hier kaum zu übersehen, zumal die Entwicklung
im Mikrokosmos Abtei den modernen Makrokosmos Welt antizipiert. Das
unterlegte Schema, die Apokalypse, realisiert sich gerade, weil sie
vorgeschrieben wurde. Eine Tat läßt sich nicht nur
besprechen, denn dieses selbst heißt, die Tat begehen und "jedes
Reden über etwas ist zugleich die Verhinderung, daß
es selbst spricht" [46]. Das ist die Crux modernen, d.h. vor allem
des aufgeklärten, des sich selbst als aufgeklärt verstehenden
Philosophierens. Es mag kein dekonstruktives Ziel geben, aber es gibt
dieses Verdienst, auf den Sachverhalt hin aufmerksam gemacht zu haben,
inklusive die Versuche, diesem letzten Dilemma alles Sprechens zu entgehen. [47]
Es kann kein Zweifel darüber bestehen, daß
Williams unbedingter Drang zu wissen, sein faustischer Infinitismus,
die Katastrophe nicht nur herausfordert, sondern sie letztlich gar initiiert.
Natürlich gab es auch vor und ohne sein Eingreifen mysteriöse
Todesfälle, denn schließlich ging es ja nicht um ihn, sondern
um das Buch. Es ist aber Kennzeichen eines Kosmos, sich selbst stabilisieren
zu können, und so wäre die Abtei ohne äußeres,
ohne Williams Eingreifen, welches das Gleichgewicht empfindlich störte,
spätestens nach dem Mord am Botanikus und dem Tode des Malachias
wieder zur Ruhe gekommen. [48] Williams Eingreifen ist vergleichbar dem archäologischen
- es legt frei und führt damit die Zerstörung herbei [49]. Dem
ständigen Werden und Vergehen entzieht sich letztlich nichts und
niemand, und auch die Bibliothek oder die Abtei wäre irgendwann
zugrunde gegangen. Daß es aber in diesem explosiven, apokalyptischen
Akt geschieht, ist dem Suchenden zu "verdanken", unabhängig
davon, welchen Vorsatz er damit verband. Das Gegenteil von gut ist gut
gemeint. Sein Anliegen mag ehrenwert sein, das Ergebnis spricht für
sich. Nur William, als eigenständiger Autorität, war die Kraft
gegeben, die Gesamtdestruktion einzuleiten. Die wissenshungrigen Mönche
waren dazu nicht in der Lage. Ihr Tod, verursacht durch das Buch, beweist
es.
"Ein abstraktes Modell der Vermutung ist das Labyrinth"
(ECO: Nachschrift, S.64). Nur jene werden ihm gewachsen sein, können
in der Welt, die "sich aus labyrinthisch zerstückelten Architekturen
zusammensetzt" (ECO: Insel, S.58) bestehen, die dem labyrinthischen
Dilemma des Seins und Sagens entgehen, indem sie sich vor Augen führen,
daß es ein Labyrinth ist, dem zu entkommen, niemandem ermöglicht
wird.
Es ist das Wesen des Labyrinths, permanent Entscheidungen
zu fällen, diese zu verlangen, sie zu provozieren und d.h. immer
die Möglichkeit, Fehler zu begehen. Das Labyrinth rechnet damit,
ja es ist sein einziges und tiefstes Ziel: der Irrtum. Auch der optische
Vergleich zwischen FOUCAULTs Gefängnis und ECOs Labyrinth zeigt,
wie fließend der Übergang sein kann. Abduktion kann folglich
selbst nur abduktiv anerkannt werden.
Allerdings, es existiert eine Form des Labyrinths, die
das Gefangensein transzendiert: das Rhizom [50]. Nicht, daß man es
wieder verlassen könnte, es kennt einfach kein Außen mehr
- Inbegriff und Schmelzpunkt der Freiheit und der Unfreiheit, Anfang
und Ende.
Das Mystische. [51] Das Paradoxon. [52]
Literaturverzeichnis:
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Wittgenstein, Ludwig: Tractatus logico-philosophicus.
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Für zahlreiche und anregende Anmerkungen habe ich
Frau Prof. Monika Schmitz-Emans (Bochum) zu danken.
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13.12.2022
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